Sudan: Sexualisierte Gewalt gegen Frauen und Mädchen durch RSF-Miliz

Amnesty International dokumentiert in einem neuen Bericht massive Menschenrechtsverletzungen und sexualisierte Gewalt durch die paramilitärische Gruppe “Rapid Support Forces” (RSF) im sudanesischen Bürgerkrieg. Trotz der verheerenden Situation mangelt es an angemessener medizinischer Versorgung und rechtlicher Aufarbeitung für die überlebenden Frauen und Mädchen. Amnesty fordert ein sofortiges Ende der Waffenlieferungen und die strafrechtliche Verfolgung der Verantwortlichen.

Die Stadt Wad Madani liegt im Südosten von Sudans Hauptstadt Khartum. Mitte Dezember 2023 wurde Wad Madani zum Schauplatz unbeschreiblicher Verbrechen – verübt von Einheiten der bewaffneten paramilitärischen Gruppe Rapid Support Forces (RSF). 

Es gibt Überlebende, denen es gelingt, über diese Gräueltaten zu sprechen. Eine von ihnen ist Hamida (Name geändert). Die 30-jährige Witwe und Mutter von drei Kindern lebte in ihrem Haus im Osten der Stadt. Am 16. Dezember 2023, einen Tag nachdem die Stadt durch die RSF eingenommen wurde, überfielen vier Soldaten ihr Haus. 

“Ich versuchte, mich zu wehren”

Hamida wurde vor den Augen ihrer zwölfjährigen Tochter und ihrer Schwägerin vergewaltigt. “Einer der Männer packte mich und sagte, er wolle mich vergewaltigen. Ich versuchte mich zu wehren, aber er schlug mich mit seinem Gewehr und sagte: ‘Wenn du dich wehrst, vergewaltige ich deine kleine Tochter'”, erzählt Hamida. “Ich bin nicht ins Krankenhaus gegangen, weil ich nicht wollte, dass es jemand erfährt.” Aus Angst hatte sie zunächst niemandem von ihren traumatischen Erlebnissen berichtet.

Amnesty International hat die erschütternde Geschichte von Hamida und vielen anderen Frauen und Mädchen dokumentiert. Ein neuer Amnesty-Bericht enthüllt das Ausmaß der sexualisierten Gewalt, die zwischen April 2023 und Oktober 2024 von RSF-Soldaten verübt wurde. Amnesty konnte so Gruppenvergewaltigungen und andere Formen sexualisierter Gewalt von insgesamt 36 Frauen und Mädchen in vier Bundesstaaten des Sudan verifizieren. Darunter die Vergewaltigung einer Mutter, nachdem sie ihr Baby beim Stillen von der Brust gerissen hatten. Oder die 30-tägige sexualisierte Versklavung einer Frau in Khartum sowie schwere Schläge, Folter mit heißen Flüssigkeiten oder scharfen Klingen und Mord.

Unvorstellbare Grausamkeiten gegen Frauen und Mädchen

“Die RSF hat während dieses Krieges Zivilpersonen, insbesondere Frauen und Mädchen, mit unvorstellbarer Grausamkeit angegriffen”, sagt Deprose Muchena, leitender Direktor des Bereichs Regional Human Rights Impact bei Amnesty International. Der sudanesische Bürgerkrieg zwischen der RSF und den sudanesischen Streitkräften (SAF) brach im April 2023 aus.  Seitdem wurden Zehntausende Menschen getötet und mehr als elf Millionen vertrieben. Beide Seiten haben schwere Menschenrechtsverletzungen und Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht begangen. Manche sind als Kriegsverbrechen anzusehen.  Neben Vergewaltigungen und Gruppenvergewaltigungen sind Frauen und Mädchen im Sudan auch anderen Formen sexualisierter Gewalt ausgesetzt. Auch Aziza (Name geändert) berichtete Amnesty davon. Die 37-Jährige war am 28. April 2023 mit ihrer 17-jährigen Tochter im Bus nach Wad Madani unterwegs. Aziza erinnert sich, wie sie an einem Checkpoint von RSF-Soldaten angehalten wurden. “Sie forderten uns auf, aus dem Bus auszusteigen. Sie haben alle Frauen im Bus sexuell belästigt, auch mich und meine Tochter”, sagt Azizi. “Sie berührten unsere Brüste und Oberschenkel auf erniedrigende Weise. Ich fühlte mich unwohl und hatte Angst, dass sie uns vergewaltigen würden. Meine Tochter ist immer noch traumatisiert von diesem Tag”

Körperliche und seelische Schäden

Das Ausmaß der sexualisierten Gewalt der RSF ist erdrückend. Für den Bericht hat Amnesty 30 Personen, hauptsächlich Überlebende und Angehörige von Überlebenden in ugandischen Flüchtlingslagern, befragt. Alle Überlebenden und Zeug*innen konnten RSF-Kämpfer eindeutig als Täter identifizieren. Alle befragten Überlebenden sexualisierter Gewalt schilderten, dass der Angriff schwerwiegende körperliche oder seelische Schäden verursachte und verheerende Auswirkungen auf ihre Familien hatte. Die dokumentierten Fälle unter den Geflüchteten stellen wahrscheinlich nur einen kleinen Bruchteil der Übergriffe dar, die die RSF tatsächlich begangen hat.

“Im Sudan spielt sich eine der größten Krisen der Welt ab”, sagt Franziska Ulm-Düsterhöft, Referentin für Afrika bei Amnesty International in Deutschland. “Doch statt die Zivilbevölkerung zu unterstützen, wird der Konflikt durch ständige massenhafte Waffenlieferungen in den Sudan weiter angeheizt. Die internationale Gemeinschaft muss endlich mehr tun und ein Waffenembargo beschließen, das für den ganzen Sudan gilt.”

Überlebende sexualisierter Gewalt brauchen Schutz

Seit fast zwei Jahren werden Frauen und Mädchen in diesem verheerenden Konflikt vernachlässigt und ignoriert. Die diplomatischen Bemühungen müssen intensiviert werden, um die Menschenrechtsverletzungen zu beenden und die Zivilbevölkerung zu schützen. Die Täter müssen zur Verantwortung gezogen werden.  Darüber hinaus sind Unterstützungsmechanismen für Überlebende sexualisierter Gewalt, einschließlich umfassender sexueller und reproduktiver Gesundheitsversorgung, dringend erforderlich.

Sudan: Fordere ein Waffenembargo!
Die Zivilbevölkerung im Sudan ist der Gewalt schutzlos ausgeliefert. Unterzeichne unsere Petition an die Vereinten Nationen.