Südsudan: Sechs Medienmitarbeiter*innen müssen freigelassen werden, die im Zusammenhang mit einem Video inhaftiert wurden, das Präsident Salva Kiir beim Urinieren in der Öffentlichkeit zeigt

Joval Tombe, Joseph Oliver, Mustafa Osman, Victor Lado, Cherbek Ruben und Jacob Benjamin, sechs Mitarbeiter*innen der Südsudanischen Rundfunkkooperation (“South Sudan Broadcasting Cooperation”, SSBC), werden willkürlich im Hauptquartier des Nationalen Sicherheitsdienstes (“National Security Service”, NSS), dem so genannten “Blauen Haus”[1], festgehalten, ohne Zugang zu ihrer Familie und ihren Anwälten. [2]

Medienberichten zufolge wurden fünf der Medienmitarbeiter*innen nach ihrer willkürlichen Verhaftung durch den NSS am 3. Januar 2023 in Juba und eine weitere Person nach ihrer willkürlichen Verhaftung am 4. Januar 2023 in Yambio inhaftiert. Der NSS verhaftete die sechs Medienmitarbeiter*innen im Zusammenhang mit einem geleakten Video, das in den sozialen Medien zirkulierte und angeblich zeigte, wie Präsident Salva Kiir während einer offiziellen Zeremonie auf sich selbst urinierte.[3] Es ist unklar, ob sie über die gegen sie erhobenen Vorwürfe informiert wurden.

Amnesty International fordert die südsudanesischen Behörden auf:

  • Lassen Sie die sechs unverzüglich frei oder klagen Sie sie wegen einer nach internationalem Recht anerkannten Straftat an;
  • Stellen Sie sicher, dass die sechs während ihrer Inhaftierung nicht gefoltert oder anderweitig misshandelt werden;
  • Stellen Sie sicher, dass die Sechs regelmäßigen Zugang zu ihrer Familie und zu jeglicher medizinischen Versorgung durch einen qualifizierten Arzt sowie zu einem Anwalt ihrer Wahl erhalten.

Hintergrund  

Amnesty International hat zahlreiche willkürliche Verhaftungen durch den NSS dokumentiert, bei denen die Gefangenen häufig gefoltert und anderweitig misshandelt wurden. Einige von ihnen werden ohne Kontakt zu einem Anwalt oder zu Familienangehörigen festgehalten.[4]

Das politische Umfeld im Südsudan ist nach wie vor intolerant gegenüber Kritik an den Maßnahmen und der Politik der Regierung, was zu Einschüchterungen, Schikanen und Inhaftierungen von Aktivisten*innen der Zivilgesellschaft, Menschenrechtsverteidiger*innen und unabhängigen Journalist*innen führt. Dies hat zu einem Umfeld der Selbstzensur für Medien und Menschenrechtsaktivist*innen geführt, in dem sich die Menschen angesichts der allgegenwärtigen staatlichen Überwachung nicht mehr sicher fühlen, frei und offen über Konflikte und die Menschenrechtslage zu sprechen.[5]

Die Regierung des Südsudan führt vor allem über den NSS eine Kommunikationsüberwachung mit in Israel gekaufter Ausrüstung und mutmaßlich mit Unterstützung durch die Telekommunikationsunternehmen durch. Der NSS überwacht zudem mit Hilfe eines weit verzweigten, grenzüberschreitenden Netzes von Informant*innen und Agent*innen alle Ebenen der Gesellschaft und des täglichen Lebens, indem er Medien und soziale Medien überwacht und von Veranstalter*innen verlangt, dass sie vor jeder Art von Versammlung eine Genehmigung einholen. Der NSS hat diese Formen der Überwachung rechtswidrig und unter Verletzung des Rechts auf Privatsphäre eingesetzt, um Personen willkürlich festzunehmen und rechtswidrig zu inhaftieren und gegen die Pressefreiheit, die Meinungsfreiheit und das Recht auf freie Meinungsäußerung sowie die Versammlungsfreiheit zu verstoßen.[6]

Hier gehts zum Original-Dokument:South Sudan: Release six media staff detained in relation to circulated video of President Salva Kiir urinating in public – Amnesty International

 

 

Öffentliches Dokument

Amnesty International, Büro für Ostafrika, das Horn und die Großen Seen, Riverside

Studios, Riverside Lane, Nairobi, Kenia

www.amnesty.org

 

[1] Committee to Protect Journalists, ” South Sudan security forces detain 6 state media employees”, 6. Januar 2023 South Sudan security forces detain 6 state media employees – Committee to Protect Journalists (cpj.org)

[2] Interview von Amnesty International mit einem Medienvertreter (Name aus Sicherheitsgründen nicht genannt), 7. Januar 2023, remote.

[3] Radio Tamazuj, “National Security arrests 6 SSBC staff”, 5 Januar 2023, National Security arrests 6 SSBC staff | Radio Tamazuj; Union of Journalists of South Sudan, “UJOSS calls for speedy conclusion to investigation of detained SSBC staff”, 6 January 2023, on file with Amnesty International; The Guardian, “Six journalists arrested over footage of South Sudan president wetting himself”, 6 January 2023, Six journalists arrested over footage of South Sudan president wetting himself | South Sudan | The Guardian;

BBC, “South Sudan: Journalists held over film of president appearing to wet himself”, 8 January 2023,

South Sudan: Journalists held over film of president appearing to wet himself – BBC News

[4] Amnesty International, Broken Promises: Arbitrary detention by South Sudan’s intelligence agencies continues (Index: AFR 65/8823/2018), September 2018, South Sudan: Broken promises: Arbitrary detention by South Sudan’s intelligence agencies continues – Amnesty International

[5] Amnesty International, “These walls have ears”: The chilling effect of surveillance in South Sudan” (Index: AFR 65/3577/2021), 2 February 2021, South Sudan: “These walls have ears”: The chilling effect of surveillance in South Sudan – Amnesty International

[6] Amnesty International, “These walls have ears”: The chilling effect of surveillance in South Sudan” (Index: AFR 65/3577/2021), 2 February 2021, South Sudan: “These walls have ears”: The chilling effect of surveillance in South Sudan – Amnesty International