OSTAFRIKA: GLOBALE PHARMAUNTERNEHMEN MÜSSEN DIE VERTEILUNG VON IMPFSTOFFEN IN DER REGION VERBESSERN, UM LEBEN ZU RETTEN

14. Dezember 2021, 14:04 Uhr

„Globale Pharmakonzerne verweigern Ländern mit niedrigen bis mittleren Einkommen in Ostafrika, am Horn von Afrika und an den Großen Seen weiterhin eine ausreichende Anzahl von Covid-19-Impfstoffen. Nur so ist gewährleistet, dass die Bevölkerung genügend geimpft werden kann, um das Recht auf Leben und Gesundheit zu gewährleisten“, so Amnesty International heute in einer neuen öffentlichen Stellungnahme. Die Impfstoffe, die es nach Ostafrika schaffen, werden oft kurzfristig und zu unvorhersehbaren Terminen geliefert, meist kurz vor Ablauf des Verfallsdatums. Dies erschwert die Durchführung wirksamer Impfkampagnen erheblich. Ein Beispiel: Im April 2021 vernichtete der Südsudan 59.000 Dosen, die er erst zwei Wochen vor Ablauf des Verfallsdatums erhalten hatte.

„Um das Recht aller Menschen auf Gesundheit zu schützen, ist ein gleichberechtigter Zugang zu Covid-19-Impfstoffen unerlässlich. Globale Pharmaunternehmen sowie führende Politiker_innen müssen ihrer jeweiligen menschenrechtlichen Verantwortung und Verpflichtung nachkommen. Sie müssen die gerechte Verteilung von Impfstoffen vorantreiben und sicherstellen, dass eine angemessene Anzahl von Dosen an Länder mit niedrigen Einkommen geht, einschließlich dem Horn von Afrika und den Großen Seen in Ostafrika“, sagte Deprose Muchena, Direktor von Amnesty International für das östliche und südliche Afrika.

Die schlechte Vorhersehbarkeit und fehlende klare Lieferfristen haben auch zu einem sinkenden Vertrauen der Bevölkerung in die nationalen Impfprogramme beigetragen. Oft hatten die Impfzentren keine Impfstoffe für die Zweitimpfung mehr verfügbar, sodass Bürger_innen – obwohl die Regierung weiterhin zur Impfung aufforderte – abgewiesen werden mussten.

Die Versorgungsprobleme haben es auch schwieriger gemacht, die am stärksten gefährdeten Gruppen zu erreichen. Obwohl alle Länder der Region Ältere sowie Menschen mit chronischen Vorerkrankungen hoch priorisiert haben, ist die Durchimpfungsrate bei diesen Gruppen in der gesamten Region durch die unzureichende Versorgung konstant niedrig geblieben.

Die unzureichende Versorgung mit Impfstoffen hat unmittelbare Auswirkungen auf das tägliche Leben, Gesundheit und Existenzen der Menschen in der Region. Abgesehen von einer kurzen, gestaffelten Wiedereröffnung zwischen Februar und Juni 2021, sind die Schulen etwa in Uganda seit März 2020 geschlossen. Zahlreiche Menschen aus der Region berichteten, dass sie dadurch Einkommensverluste erlitten haben und deshalb Mahlzeiten sowie Gesundheitstermine nicht wahrnehmen konnten oder verschieben mussten.

 

Hintergrund

Bis heute sind weniger als 8 % der Menschen in Afrika vollständig gegen Covid-19 geimpft worden. In Ostafrika, am Horn von Afrika sowie im Gebiet der Großen Seen ist die Impfquote eine der niedrigsten weltweit, mit 0,01 % in Burundi und 0,07 % in der Demokratischen Republik Kongo. Am höchsten ist die Rate in Ruanda mit 29 %, während die meisten Länder der Region unter 6 % liegen.

Jüngste Untersuchungen von Amnesty International haben ergeben, dass der Pharmariese Pfizer irreführende Angaben bezüglich seines Engagements für eine gerechtere Impfstoffverteilung gemacht hat, da er weiterhin den Großteil seiner Covid-19-Dosen an reiche Länder liefert.

Amnesty International fordert die reichen Staaten auf, ihre überschüssigen, gehorteten Covid-19-Impfstoffe unbedingt an Länder mit niedrigen bis mittleren Einkommen zu verteilen.
Pharmazeutische Unternehmen sind aufgefordert, mindestens 50 % der bis 31. Dezember 2021 produzierten Impfstoffe an Länder mit niedrigem und mittleren Einkommen zu liefern und dabei rechtzeitige und vorhersehbare Liefertermine sicherstellen.

Amnesty International appelliert außerdem an wohlhabende Staaten und Pharmaunternehmen, die weltweite Versorgung mit Covid-19-Impfstoffen dringend durch die vorübergehende Aussetzung geistigen Eigentumsrechts und eine gemeinsame Nutzung von Technologie, Ressourcen und Know-how zu verbessern.