Sudan: Repression nach Militärputsch stoppen !

Die Menschenrechtsorganisationen Amnesty International und Human Rights Watch fordern die sudanesischen Sicherheitsbehörden dazu auf, die im Zuge des Militärputschs vom 25. Oktober 2021 willkürlich Inhaftierten unverzüglich freizulassen. Außerdem müssen sowohl weitere willkürliche Festnahmen als auch der Einsatz von unnötiger, darunter auch tödlicher, Gewalt gegen diejenigen sofort beendet werden, die friedlich gegen die Machtübernahme des Militärs protestieren.

In den frühen Morgenstunden des 25. Oktober 2021 nahmen Sicherheitskräfte in der sudanesischen Hauptstadt Khartum mindestens 30 hochrangige zivile Regierungsangehörige fest, darunter sechs Kabinettsmitglieder. Unter ihnen befand sich auch Premierminister Abdalla Hamdok, der zwei Tage später unter Hausarrest gestellt wurde. Solange er unter Hausarrest steht, kann er nur mit einer Genehmigung des Militärs besucht werden. Der höchste Militärvertreter im Land, Generalleutnant Abdel Fattah al-Burhan, verkündete am Mittag des 25. Oktobers die Auflösung des Kabinetts sowie des Souveränen Rats. Im ganzen Land werde der Ausnahmezustand verhängt, sagte er in den Medien. Der Souveräne Rat war die Übergangsregierung, die aus sechs zivilen und fünf militärischen Mitgliedern bestand. Abdel Fattah al-Buhran war dessen Vorsitzender.

“In den letzten zwei Wochen hat das Militär auf seine altbekannten und brutalen Taktiken zurückgegriffen und damit kleine, aber wichtige Fortschritte im Bereich der Rechte und Freiheiten rückgängig gemacht, für die Sudanes_innen aus allen Gesellschaftsschichten gekämpft hatten”, so Mohamed Osman, Sudan-Experte bei Human Rights Watch. “Das Militär muss alle in den letzten zwei Wochen willkürlich Inhaftierten sofort freilassen und rechtswidrige Inhaftierungen sowie die Praxis des Verschwindenlassens unverzüglich beenden.”

Die sudanesische Bevölkerung hat das Recht auf friedlichen Protest, auf Freiheit und Sicherheit, auf ein faires Gerichtsverfahren und auf vieles mehr, was das Militär nicht untergraben darf, so Sarah Jackson, stellvertretende Regionaldirektorin für Ostafrika bei Amnesty International

Neben willkürlichen Festnahmen griffen die sudanesischen Sicherheitskräfte zu weiteren repressiven Maßnahmen, um friedliche Proteste gegen die Machtübernahme durch das Militär zu unterdrücken. Amnesty International und Human Rights Watch haben den ungerechtfertigten Einsatz tödlicher Gewalt durch Sicherheitskräfte bei der Bekämpfung der zahlreichen Proteste in Khartum dokumentiert. Mindestens 14 Menschen wurden seit dem 25. Oktober durch scharfe Munition in Khartum getötet, berichtete das Zentralkomitee der sudanesischen Ärzt_innen (Central Committee of Sudanese Doctors – CCSD).

Das African Centre for Justice and Peace Studies (ACJPS), eine sudanesische Menschenrechtsgruppe, berichtete, dass die Sicherheitsbehörden zwischen dem 25. und 27. Oktober mehr als 30 Personen festgenommen haben, darunter Minister_innen, Berater_innen des Premierministers und Journalist_innen. Gespräche mit Familienmitgliedern sowie andere Recherchen von Amnesty International und Human Rights Watch bestätigen, dass mindestens acht der 30 Inhaftierten, die im ACJPS-Bericht erwähnt werden, an unbekannten Orten festgehalten werden, ohne Zugang zu Familienangehörigen oder Rechtsbeiständen und unter Umständen, die dem Verschwindenlassen gleichkommen könnten. Generalleutnant Abdel Fattah al-Burhan sagte am 26. Oktober, dass einige Gefangene strafrechtlich belangt werden würden, genauere Informationen stehen jedoch aus.

Seit dem 25. Oktober sind das Internet und das Mobilfunknetz gestört, wodurch der Zugang der Bevölkerung zu aktuellen und genauen Informationen eingeschränkt ist. Politische Meinungsäußerungen sind somit nur schwer möglich, und auch die Berichterstattung über Rechtsverletzungen – einschließlich der erfolgten Festnahmen und Inhaftierungen – ist, insbesondere außerhalb von Khartum, massiv beeinträchtigt.

 

Zu den willkürlich Festgenommenen gehört auch der Minister für Kabinettsangelegenheiten, Khalid Omar Youssef, der nach Angaben von Familienmitgliedern am 25. Oktober im Morgengrauen vor ihren Augen von einer Gruppe von Sicherheitskräften in seinem Haus festgenommen wurde.

Ein Familienmitglied berichtete nach einem Gespräch mit den Angehörigen, die bei der Razzia anwesend waren, folgendes: “Eine Gruppe bewaffneter Sicherheitskräfte in Zivil näherte sich um 03.30 Uhr seinem Haus und begann, in die Luft zu schießen, bevor sie gewaltsam eindrang und seine jungen Töchter in Angst und Schrecken versetzte… Khalid wurde misshandelt und barfuß und in seinem Schlafanzug aus dem Haus gezerrt. Sie haben ihm nicht einmal erlaubt, sich umzuziehen oder Kleidung mitzunehmen.”

Khalid Omar Youssefs Verwandten sagten, sie hätten keine Informationen über seinen Verbleib und befürchteten, dass die Behörden konstruierte Anklagen gegen ihn erheben würden.

Mohamed al-Faki Suleiman, ein ziviles Mitglied und Sprecher des Souveränen Rates, war einer der ersten, die festgenommen wurden. Er war auch stellvertretender Vorsitzender des Committee for Dismantling the Former Regime, eines Regierungsgremiums zur Aufklärung und Verfolgung von Veruntreuung und Korruption durch die gestürzte Vorgängerregierung unter Langzeitpräsident Omar al-Baschir. Das Gremium wurde unmittelbar nach der aktuellen Machtübernahme durch das Militär aufgelöst. In den Wochen zuvor hatte Mohamed al-Faki die Militärs öffentlich kritisiert und ihnen vorgeworfen, wichtige Reformen zu verzögern und politische Spannungen anzuheizen.

Hier geht es zum Original Englischen Bericht: Sudan: Immediately Free Detainees; Halt Arrests – Amnesty International