Angesichts des Versagens der staatlichen Sicherheitskräfte beim Schutz der Zivilbevölkerung in den letzten Monaten muss der UN-Sicherheitsrat das Mandat der Friedensmission in Darfur (UNAMID) um mindestens sechs Monate verlängern, so Amnesty International.
In den, von sudanesischen Sicherheitskräften kontrollierten Gebieten West-, Zentral-, und Nord Darfur wurden zwischen Juli und September 2020 mehr als 70 Menschen von Mitgliedern bewaffneter Gruppen getötet. Bei weiteren bewaffneten Angriffen in Darfur wurden mindestens 78 weitere Menschen verletzt und Tausende vertrieben. Alltäglich kam es zu Plünderungen und Brandschatzungen. Darüber hinaus wurden nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration, zwischen Juli und September 2020, mehr als 8.000 Menschen durch den Konflikt zwischen Fraktionen der Sudanesischen Befreiungsarmee – Abdel Wahid (SLA-AW) in Zentral-Darfur vertrieben.
Das Mandat von UNAMID läuft Ende des Jahres aus, und UNITAMS, die es ersetzen soll, ist weder besetzt noch einsatzbereit. Angesichts der Tatsache, dass die nationalen Sicherheitskräfte in den letzten Monaten nicht in der Lage waren, die Bevölkerung vor Angriffen zu schützen, befürchtet Amnesty International, dass der Schutz der Zivilbevölkerung in dem entstehenden Sicherheitsvakuum in Zukunft nicht mehr gewährleistet werden kann. Der UN-Sicherheitsrat sollte das Mandat von UNAMID um mindestens sechs Monate verlängern, um sicherzustellen, dass die Friedenstruppen nicht abziehen, bevor UNITAMS voll einsatzfähig ist und die nationalen Kräfte angemessen ausgebildet sind, so Deprose Muchena, Direktor von Amnesty International für das östliche und südliche Afrika.
Rapid Support Forces involviert
Am 6. Juli nahmen in Fata Borno etwa 10.000 Binnenvertriebene an einem Sitzstreik teil. Sie forderten mehr Sicherheit, den Schutz ihrer Ernte, sowie die Entlassung von Beamten aus dem Umfeld des ehemaligen Präsidenten Omar Al-Bashir. Eine Woche später kam es, bei einem Angriff einer bewaffneten Gruppe, zu neun Todesopfern und 17 Verletzten unter den Demonstranten. Zeugen berichteten Amnesty International, dass die Angreifer Uniformen der Sudanesischen Streitkräfte und der Rapid Support Forces trugen. Die lokalen Regierungsbeamten seien während des Angriffes nicht erreichbar gewesen und die Sicherheitskräfte der Regierung erst nach dem Angriff eingetroffen.
„Wir nennen sie Janjaweed“
In Masterei im Bundesstaat West-Darfur wurden am 25. Juli bei Sitzprotesten mindestens 60 Bauern aus der Massalit-Gemeinschaft getötet und über 60 weitere verwundet. Sie hatten Sicherheit während der Regenzeit gefordert, nachdem ihr früherer Appel an die Regierung in Folge eines Angriffs am 18. Juli ungehört blieb. Augenzeugen berichteten, dass Tausende von bewaffneten Männern die Stadt angriffen und die protestierenden Bauern töteten, verletzten und verstümmelten. Die circa 3000 bewaffneten Angreifer trugen, nach Angaben der Zeugen, Uniformen der Rapid Support Forces, zivile Kleidung sowie Militäruniformen. Die Angreifer, die zu verschiedenen Volksgruppen gehörten, werden von den Einheimischen Janjaweed genannt. Ein Doktor berichtete, dass die Sicherheitskräfte, während des neun bis 10 Stunden andauernden Angriffs nicht eingriffen. Neben den Verwundeten und Verletzten kam es zu Plünderungen und Brandschatzungen. Nach Angaben des Büros der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (OCHA) wurden ungefähr 10.000 Menschen vertrieben.
Bauern auf ihren Feldern getötet
Im Juni und Juli 2020 wurden in Nertiti friedliche Proteste organisiert. Nach anfänglicher Freude über positive Reaktionen der Regierung, kam es am 10. September zu einem Überfall einer bewaffneten Gruppe auf Bauern, die gerade auf den Feldern arbeiteten. Dabei wurden in Kibi, nördlich von Nertiti, in West Jebel Marra zwei Menschen getötet und einer schwer verletzt. Die Regierung des Bundesstaates Zentral-Darfur beschuldigte eine ungenannte kriminelle Gruppe und sagte sie habe Beamte entsandt, um die Situation zu beurteilen und die Täter aufzuspüren.
Die Friedenstruppen in Darfur haben zwar eine gemischte Bilanz beim Schutz der Zivilbevölkerung, da sie bei vielen Gelegenheiten Angriffe auf Dörfer nicht verhindern konnten, aber sie waren oft in der Lage, Zivilisten zu schützen, die vor der Gewalt fliehen und es schaffen, sich in Gebiete in der Nähe von UNAMID-Stützpunkten und UNAMID-geschützten Lagern zu begeben. Bereits dieser Schutz und die abschreckende Wirkung der bloßen Anwesenheit von UNAMID in der Region ist ausreichend um eine Verlängerung zu rechtfertigen, so Deprose Muchena.
Hier der Original-Link zum Bericht in englischer Sprache: Sudan UN: must extend Darfur peacekeepers mandate by at least six months | Amnesty International