Ruanda: “Es ist entscheidend, dass kein Flugzeug die Startbahn verlässt” – Großbritanniens rassistischer Asyl-Deal

Piktogramm eines Bootes auf dem Meer mit Menschen darin

Sacha Deshmukh, Director von Amnesty International Großbritannien, zur am 23. April durch das britische Parlament verabschiedeten “Rwanda-Bill”:

Der heutige Tag wird einen Schatten auf den moralischen Ruf dieses Landes werfen. Das britische Parlament hat einen Gesetzesentwurf verabschiedet, der den internationalen Rechtsschutz für einige der schutzbedürftigsten Menschen in der Welt aushebelt. Es ist beschämend, dass unser politisches Establishment diesen Gesetzesentwurf hat passieren lassen. Der Gesetzentwurf entspringt einer zutiefst autoritären Haltung, die in die grundlegendsten Aufgaben der Gerichte eingreift: nämlich die Befugnis, Beweise zu prüfen, über die Fakten eines Falles zu entscheiden und das Recht entsprechend anzuwenden. Es ist völlig absurd, wie die Gerichte gezwungen werden, Ruanda als „sicheres Land” zu behandeln, und ihnen die Prüfung aller gegenteiligen Beweise untersagt wird.

Die Regierung hofft, aus dieser Aushebelung des Menschenrechtsschutz für Asylsuchende politisches Kapital schlagen zu können – das stellt einen äußerst gefährlichen Präzedenzfall dar. Deren Besessenheit, ständig Falschinformationen in Asylfragen zu streuen hat nun einen der skandalösesten Akte in der Geschichte des Parlaments dieses Landes zur Folge. Es ist ein neuer Tiefpunkt, Asylsuchende nach Ruanda auszuweisen – ein Land mit einer eigenen großen Geflüchtetenbevölkerung und einer Vielzahl von Menschenrechtsproblemen. Wie jedes andere Land hat auch Großbritannien die Pflicht, Schutzsuchenden Sicherheit zu bieten. Es ist entscheidend, dass kein Flugzeug die Startbahn Richtung Ruanda verlässt.

Hintergrund:

Das Vereinigte Königreich und Ruanda haben am 14. April 2022 eine Vereinbarung unterzeichnet, die ein System zur Umsiedlung von nicht in Betracht kommenden Asylsuchenden aus dem Vereinigten Königreich nach Ruanda vorsieht. In seinem Bericht für die Universal Periodic Review im Jahr 2020 äußerte der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR) Bedenken über die Mängel des ruandischen Asylverfahrens. Er verwies auf willkürliche Verweigerungen des Zugangs zu Asylverfahren, das Risiko der Inhaftierung und Abschiebung von Asylsuchenden ohne Papiere, den diskriminierenden Zugang zu Asylverfahren für LGBTIQ+-Personen sowie auf das Fehlen einer rechtlichen Vertretung. In einer im Juni 2022 veröffentlichten juristischen Analyse kam der UNHCR zu dem Schluss, dass die Vereinbarung zwischen dem Vereinigten Königreich und Ruanda “nicht die notwendigen Voraussetzungen erfüllt, um als rechtmäßige und/oder angemessene bilaterale Überstellungsvereinbarung betrachtet zu werden”. Am 15. November entschied der Oberste Gerichtshof des Vereinigten Königreichs, dass die Vereinbarung rechtswidrig sei. Der am 25. April durch das britische Parlament verabschiedete “Safety of Rwanda (Asylum and Immigration) Act 2024” hebte die Entscheidung des Obersten Gerichtshof auf, sodass der “Rwanda Deal” nun doch in Kraft treten wird.