DR Kongo: URGENT ACTION – Friedliche Aktivisten inhaftiert

Der Antrag auf Freilassung gegen Kaution der drei Aktivisten Claude Lwaboshi Buhazi, Faustin Ombeni Tulinabo und Serge Mikindo Waso wurde am 26. November von einem Militärgericht in Goma abgelehnt. Die Mitglieder der zivilgesellschaftlichen Bewegung Jicho la Raiya waren am 18. Februar im Vorfeld eines friedlichen Protests gegen “illegale Straßensteuern” und die mutmaßliche Misswirtschaft im Gesundheitsbezirk Kirotshe festgenommen worden. Sie wurden der Verleumdung beschuldigt und auf der Polizeiwache in Kirotshe inhaftiert, bevor sie am 2. März in das Zentralgefängnis von Goma verlegt wurden. Amnesty International fordert die sofortige und bedingungslose Freilassung der drei

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Die Aktivisten Claude Lwaboshi Buhazi, Faustin Ombeni Tulinabo und Serge Mikindo Waso aus der Demokratischen Republik Kongo
© privat

Amnesty fordert:

  • Ich fordere Sie auf, die sofortige Freilassung der drei Aktivisten anzuordnen, da sie ausschließlich aufgrund der Ausübung ihrer Rechte auf freie Meinungsäußerung und friedliche Versammlung inhaftiert sind.
  • Ich fordere Sie außerdem auf, die Strafverfolgung von Zivilpersonen durch Militärgerichte einzustellen, da diese nach den internationalen Menschenrechtsnormen keine Unabhängigkeit und Unparteilichkeit garantieren. Beenden sie bitte zudem die Anwendung von Verleumdungsgesetzen als repressives Instrument gegen kritische Stimmen.

Sachlage

Die drei Aktivisten Claude Lwaboshi Buhazi, Faustin Ombeni Tulinabo und Serge Mikindo Waso waren am 18. Februar 2021 in Kirotshe (Gebiet Masisi in der Provinz Nord-Kivu) festgenommen worden, als sie einen friedlichen Protest gegen “illegale Straßensteuern” und die mutmaßliche Misswirtschaft im Gesundheitsbezirk Kirotshe planten. Aufgrund dieses friedlichen Menschenrechtsaktivismus sind sie seither willkürlich inhaftiert.

Die drei Mitglieder der zivilgesellschaftlichen Bewegung Jicho la Raiya (Das Auge der Bürger) wurden beschuldigt, “böswillige Anschuldigungen” gegen den damaligen Leiter des Gesundheitsbezirks Kirotshe und eine Baufirma erhoben zu haben, die für die Instandhaltung der Straßen in dem Gebiet zuständig war. Am 2. März wurden sie in das Zentralgefängnis von Goma, der Hauptstadt der Provinz Nord-Kivu, verlegt, wo sie nach wie vor auf ihren Prozess warten. Unter dem Aktenzeichen RP 2210 wurde ihre erste Anhörung ursprünglich für den 10. Mai angesetzt. Doch im Zuge des am 6. Mai verkündeten Ausnahmezustands wurde die Zuständigkeit für das Verhandeln von Straftaten von Zivilgerichten auf Militärgerichte übertragen. In der Folge fanden die Anhörung und die offizielle Anklageerhebung erst am 19. November statt. Die drei Aktivisten haben bereits mehr als neun Monate in Haft verbracht, obwohl das Verleumdungsdelikt, das ihnen vorgeworfen wird, nur mit acht Tagen bis zu einem Jahr Gefängnis geahndet wird.

Amnesty International ist der Ansicht, dass die strafrechtliche Verfolgung und fortgesetzte Inhaftierung von Claude Lwaboshi Buhazi, Faustin Ombeni Tulinabo und Serge Mikindo Waso rechtswidrig sind. Nach internationalem und nationalem Recht ist es erlaubt, friedlich gegen “illegale Straßensteuern”, die mutmaßliche Misswirtschaft im Gesundheitsbezirk Kirotshe und die schlechte Erbringung von Dienstleistungen zu protestieren. Die Aktionen der drei Aktivisten sollten gefördert und nicht unterdrückt werden: Alle Menschen haben das Recht, die Behörden zur Verantwortung zu ziehen, damit der Zugang zu wichtigen Dienstleistungen – wie im Bereich der Gesundheitsversorgung – verbessert wird.

 

Hintergrundinformation

Am 3. Mai 2021 verkündete Präsident Félix Tshisekedi den “Belagerungszustand” für die beiden Provinzen Nord-Kivu und Ituri. Der Präsident begründete den Schritt damit, dass nach jahrzehntelangen bewaffneten Konflikten Frieden und Stabilität in die beiden Provinzen gebracht werden soll. Außerdem sollten so die Aktivitäten der bewaffneten Gruppen in der Region beendet werden.

Unter dem Belagerungszustand wurden alle zivilen Befugnisse auf das Militär und die Polizei übertragen, die an die Stelle der zivilen Provinzregierung, des Stadtrats und der Bürgermeister:innen getreten sind. In diesem Zusammenhang wurden alle Gerichtsverfahren von zivilen auf militärische Gerichte übertragen. Später, im September 2021, stellte der Justizminister jedoch klar, dass nur Strafrechtsfälle von der Militärjustiz bearbeitet werden sollten. Am 6. Mai 2021 äußerte sich Amnesty International zwar positiv über die erklärte Absicht der Regierung, die Zivilbevölkerung im Osten des Landes schützen, lehnte jedoch die Übertragung der Strafgerichtsbarkeit auf das Militärgerichtssystem ab, da dies gegen die Verpflichtung der DR Kongo verstößt, Unabhängigkeit und Unparteilichkeit gemäß internationalen Menschenrechtsnormen zu gewährleisten. Die strafrechtliche Verfolgung von Zivilpersonen durch Militärgerichte verstößt gegen das Recht auf ein faires Verfahren. Die Afrikanische Kommission für Menschenrechte und Rechte der Völker hielt in ihrer Resolution über das Recht auf ein faires Gerichtsverfahren und Rechtshilfe in Afrika fest, dass der Zweck der Militärgerichte darin besteht, über rein militärische Vergehen durch Militärpersonal zu entscheiden.

Amnesty International hat unter dem Belagerungszustand auch zunehmende Einschränkungen des Rechts auf freie Meinungsäußerung festgestellt. Journalist:innen, Parlamentsabgeordnete auf lokaler und nationaler Ebene sowie Menschenrechtsaktivist:innen wurden angegriffen, weil sie den Belagerungszustand als Maßnahme gegen die anhaltend unsichere Lage kritisierten.

Die UN-Arbeitsgruppe für willkürliche Inhaftierungen hat festgelegt, dass Personen, die ausschließlich wegen der friedlichen Ausübung ihrer Menschenrechte inhaftiert sind, unverzüglich freigelassen werden müssen. Die Afrikanische Kommission für Menschenrechte und Rechte der Völker hat in ihrer Resolution 466 zu Gefängnissen und Haftbedingungen in Afrika alle Vertragsstaaten der Afrikanischen Charta der Menschenrechte und Rechte der Völker aufgefordert, verschiedene Gruppen von Inhaftierten während der Corona-Pandemie freizulassen, darunter auch Menschenrechtsverteidiger:innen, “um die Überfüllung der Gefängnisse zu verringern und die Verbreitung des Coronavirus einzudämmen”.

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